2016
Seit nunmehr fast 17 Jahren wohnt Stephanie W. (auch bekannt als Omi) in meinem Haus und sie darf natürlich so lange bleiben, solange sie brav ist. Als Hausherr ist es mir wichtig, dass immer rechtzeitig Essen unter dem Tisch steht und dass ich das Vorrecht auf das Liegen sowohl auf weichen Liegeplätzen, als auch auf im Haus befindlichen zweibeinigen Personen habe. Mit regelmäßigen Streicheleinheiten kann man sich bei mir Bonuspunkte erarbeiten. Sonst bin ich eigentlich nicht so anspruchsvoll!
Laut einer aktuellen Studie des Miau-Instituts der Bundeskatzenrepublik Österreich greifen 78% der Hausherren- und Hausfrauenkatzen zu wenig gegen ihre zweibeinigen MitbewohnerInnen durch. Sie geben sich mit unregelmäßigen Fütterungszeiten und zu gering bemessenen Kraul-Arbeitszeiten zufrieden. Speziell beim Vorhandensein von mehreren Untermietern sind viele nicht in der Lage, von jedem/jeder sein/ihr zustehendes Leckerlizoll zu erzwingen. Am meisten kann man herausholen, wenn alle Zweibeiner zu verschiedener Uhrzeit ihr Schlafgemach verlassen. Ich schaffe es mühelos, wiederholt den Eindruck zu erwecken, dass ich ja noch nichts zum Essen bekommen habe. Man muss nur glaubhaft einen Dackelblick aufsetzen und leicht verhungert miauen. Natürlich ist es etwas unvorteilhaft, wenn man etwas mehr auf den Hüften hat wie ich, weil man nicht so gut die Gefahr des unmittelbaren Verhungerns vermitteln kann, aber in diesem Fall muss man einfach bessere schauspielerische Fähigkeiten entwickeln. Zum Glück habe ich schon lange Erfahrung damit.
Neben meiner Hauptmitbewohnerin Omi habe ich besonders mit Untermieter Herbert F. einen guten Griff gemacht, weil er immer freiwillig mit mir Henderl und Gulasch teilt. So lobe ich mir die Wohnsymbiose. Der andere Herbert, Herbert G., ist für mein Enthaaren zuständig. Leider lässt sich dieser nicht so oft in meinem Königreich blicken, weshalb ich bis auf meinen kreisrunden Haarausfall am Bauch im Normalfall eine prächtige Mähne zur Schau trage. Omis Betreuerin Rita hat eigentlich immer ein offenes Ohr für mein Jammern und verwöhnt mich gerne mit Futter. Es ist zwar nicht ganz so gut wie ein frisches Henderl, aber Futter ist Futter. Mit den Untermieterinnen Irmgard und Marlies habe ich nicht viel zu lachen, denn von ihnen habe ich keine Fleischabgaben zu erwarten, so bemüht ich auch bin. Wenigstens kriege ich von Irmgard ab und zu einen Eckerlkäse. Man gönnt sich ja sonst nicht viel.
Trotz meiner fast 17-jährigen Lebenserfahrung geht es mir gesundheitlich ganz gut. Nur mein Gehör lässt etwas zu wünschen übrig, aber ich schiebe es auf Omis lautes Fernsehen. Das hätte ich mir gleich gar nicht gefallen lassen dürfen, aber sie hat mich beim Fernsehen immer brav gekrault und ich dachte, da lasse ich ihr das laute Fernsehen ausnahmsweise durchgehen. Ich glaube, nach einiger Zeit hat sie meine Beschwerden einfach nicht mehr gehört. Aber manchmal ist es sowieso besser, wenn man nicht alles versteht, oder?
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